HeiGITs Climate Action Navigator im Fokus – Walkability (Fußgehfreundlichkeit)

In 22 Tagen, am 15. Mai 2025, launchen wir den Climate Action Navigator (CAN): HeiGITs neuestes Dashboard, das hochauflösende und offene Daten nutzt, um Einblicke in Klimaschutzindikatoren zu liefern. CAN hilft festzustellen, wo gezielte Klimaschutzmaßnahmen am dringendsten erforderlich sind. Die angebotenen Tools reichen dabei von der Bewertung von CO2-Emmisionen durch Heizen bis hin zu einer Analyse der Infrastruktur für aktive Mobilität in Städten.

In diesem ersten Beitrag unserer folgenden Blogpost-Serie zum CAN stellen wir hiWalk vor, eines der Schlüsselwerkzeuge des Dashboards, welches zur Analyse der Walkability (Fußgehfreundlichkeit) von Städten und Gemeinden dient.

Warum Fußgehfreundlichkeit wichtig für das Klima und die Lebensqualität ist

Städte weltweit müssen Mobilität neu denken. Der Verkehrssektor ist nicht nur einer der größten Treiber der städtischen CO2-Emissionen, sondern hat gleichzeitig Auswirkungen auf die Gesundheit der Bevölkerung, die Gerechtigkeit und die Lebensqualität. Die Transformation hin zu einer nachhaltigen Mobilität ist ein wichtiger Schritt, um das Leben vieler Menschen zu verbessern. Aktive Mobilität, also zu Fuß gehen oder Fahrrad fahren, bieten effiziente und einfache Lösungen für den Verkehr in Städten. Das Konzept der 15-Minuten-Stadt, in der Dienstleistungen zur Deckung des täglichen Bedarfs innerhalb eines kurzen Spaziergangs oder einer Fahrradtour erreichbar sind, spiegelt dies bereits wider.

Viele der bestehenden Indizes vernachlässigen jedoch die Bedürfnisse von marginalisierten Gruppen und von Personen mit eingeschränkter Mobilität. Hier setzen hiWalk und hiBike an. Beide sind gemeinschaftlich entwickelte, offene Analysewerkzeuge und bewerten die Fuß- und Radverkehrfreundlichkeit auf Straßen. Akteure wie die Radlobby Österreich, Lagos Urban Development Initiative (LUDI) und PLANUM Fallast & Partner arbeiten eng mit HeiGIT zusammen, um sicherzustellen, dass die Bewertungen inklusiv, praxisnah und auf die Straßenebene abgestimmt sind.

Was erfasst hiWalk?

hiWalk bewertet die Qualität und Zugänglichkeit der Fußverkehrsinfrastruktur, beispielsweise ob Gehwege vorhanden sind und wie angenehm diese dann auch tatsächlich zu nutzen sind. hiWalk wird beständig weiterentwickelt, sodass sich der Umfang seiner Bewertungsmethoden sukzessive erweitert. Für die Bewertung der Fußgehfreundlichkeit einer Straße oder eines Gebiets werden derzeit fünf Schlüsseldimensionen herangezogen.

  1. Walkable Path Categories (Wegekategorien): Wer nutzt diesen Weg ebenfalls?

Dieser Indikator klassifiziert die Fußverkehrsinfrastruktur danach, ob der Weg gleichzeitig mit Radfahrenden oder motorisierten Fahrzeugen genutzt wird. Wege, die ausschließlich für den Fußverkehr vorgesehen sind, sind sicherer und komfortabler, während Straßen, auf denen zugleich schnelle, motorisierte Fahrzeuge verkehren, als weniger sicher und komfortabel eingestuft werden.

Karte von Heidelberg, welche das Straßennetz zeigt, auf welchem die einzelnen Wege nach Walkable Path Categories kategorisiert sind
Walkable Path Categories (Heidelberg): Klassifizierung der Fußverkehrsinfrastruktur basierend darauf, ob die Straße exklusiv für den Fuß- oder für Mischverkehr vorgesehen ist. Dies ist ein Indikator für die empfundene Sicherheit und den Komfort auf Gehstrecken.
  1. Naturalness (Natürlichkeit): Wie grün und angenehm ist diese Straße?

Viel Vegetation und die Nähe zu Gewässern machen das Zufußgehen nicht nur attraktiver, sondern sorgen auch für Abkühlung und steigern das Wohlbefinden. Der Indikator Naturalness nutzt Sentinel-2-Satellitenbilder, um zu bewerten, ob Vegetation in der Nähe der Wege vorhanden ist. Dazu wird der normalisierte, differenzierte Vegetationsindex (NDVI) innerhalb eines Radius von 15 Metern um die einzelnen Wege berechnet. Um zu analysieren, ob Gewässer vorhanden sind, berechnet der Indikator die Wasserbedeckung eines Gebiets mittels der Sentinel Scene Classification Map (SCL). Der hierfür gewählte Radius von 15 Metern soll die von Zufußgehenden wahrgenommene Umgebung widerspiegeln. Die Nutzenden können sich je nach Interesse die Gesamt-Naturnähe (naturalness) oder gezielt nur den Anteil an Vegetation (greenness) oder an Wasserflächen (blueness) anzeigen lassen.

Karte von Heidelberg-Bergheim, auf welcher die Naturalness der einzelnen Wege zeigt
Naturalness (HD-Bergheim): Natürlichkeit der einzelnen Wege innerhalb von 15 Metern.
  1. Slope (Steigung): Wie steil ist der Weg?

Selbst wenn die Infrastruktur gut vernetzt und grün ist, gibt es Herausforderungen, wenn die Wege zu steil sind. Aus diesem Grund beurteilt Slope wie steil ein Weg ist, indem Höhendaten der Shuttle Radar Topography Mission (SRTM) verwendet werden. Die räumliche Auflösung von 90×90 Meter ist für innerstädtische Analysen eher ungenau. Infolgedessen können die Steigungen in relativ flachen Gebieten unterschätzt werden. Umgekehrt kann die Steigung bei kurzen Straßenabschnitten, die in unterschiedlichen Rasterzellen beginnen und enden, stark überschätzt werden.

Die Klassifizierung der Steigung der Wege basiert auf den Grenzwerten von Alves et al. (2020):

  • 0 to 5 %: “Suitable” (Geeignet) für die meisten, auch für ältere Erwachsene und Rollstuhlfahrende
  • 5% to 8 %: „Acceptable“, (Annehmbar), aber anstrengender
  • More than 8 %: „Inappropriate“ (Unangemessen) für viele und potenziell unsicher
Karte von Heidelberg-Bergheim, welche die Slope der einzelnen Wege zeigt
Slope (HD-Bergheim): Darstellung der Steigung eines Geländes, um das Gefälle des Weges darzustellen.
  1. Surface-Quality (Oberflächenqualität): Kann ich hier bequem gehen auch mit Rollstuhl und Kinderwagen?

Die Oberflächenqualität von Gehwegen ist entscheidend dafür, ob sich ein Weg angenehm und sicher nutzen lässt, vor allem für Menschen mit eingeschränkter Mobilität. Der Surface-Quality Indikator des CAN bewertet daher die Glattheit der Wegoberfläche. Die Bewertung basiert auf Daten von OpenStreetMap (OSM). OSM verwendet sogenannte Tags, um Merkmale von Wegen zu beschreiben. Jeder Wegabschnitt kann mit Tags versehen werden, die Informationen zu seinen Eigenschaften liefern. Wenn verfügbar, nutzt hiWalk den Tag smoothness, welcher angibt, wie eben und gleichmäßig eine Oberfläche ist. Falls diese Information fehlt, wird die Oberflächenqualität anhand der Tags surface (Material des Weges, z. B. Asphalt oder Kies) und tracktype (Festigkeit und Zustand) abgeleitet. Wege mit rauen Oberflächen wie beispielsweise Kopfsteinpflaster werden dann als “mittelmäßig” eingestuft, während Asphalt als “potenziell gut” gilt.

Karte von Heidelberg-Bergheim, welche die Oberflächenbeschaffenheit abbildet
Surface Quality (HD-Bergheim): Bewertung der Oberflächenbeschaffenheit von Wegen.
  1. Detour Factor (Umweg-Faktor): Komme ich direkt an mein Ziel?

Der Detour Factor misst, wie gut das Fußverkehrsnetz verbunden ist oder ob lange Umwege in Kauf genommen werden müssen. Dafür vergleicht er Gehstrecken mit der Luftlinienentfernung. Ein Wert von 1 steht für eine optimale Anbindung, also keinen Umweg, während höhere Werte auf Umwege und eine geringere Wegenetzkonnektivität hinweisen. Der Detour Factor ergibt sich aus dem durchschnittlichen Verhältnis zwischen der tatsächlichen Gehstrecke und der Luftlinie vom Zentrum jeder Rasterzelle zu ihren benachbarten Zellen. Gut verbundene Fußwegenetze verkürzen Wege und machen das Zufußgehen zu einer attraktiven Alternative zum Auto, was ein wichtiger Faktor für die Förderung einer nachhaltigen Mobilität ist.

Karte von Heidelberg-Bergheim, welche wabenförmig den Detour Factor abbildet
Detour Factor (HD-Bergheim): Maß für die Wegenetzkonnektivität; höhere Werte stehen für weniger direkte Wege und längere Umwege.

CAN and hiWalk: Werkzeuge zur praktischen Anwendung

CAN und insbesondere hiWalk sind weit mehr als reine Werkzeuge zur Bewertung von Klimaschutzmaßnahmen in Städten weltweit. Sie helfen dabei, lokale Stärken sichtbar zu machen, Handlungsbedarfe aufzuzeigen und gezielte Lösungen zu entwickeln, um Städte lebenswerter, inklusiver und klimaresilienter zu gestalten. Im Gegensatz zu klassischen Indikatoren entstehen die CAN-Analysewerkzeuge im engen Austausch mit Stadtplanenden, gesellschaftlichen Organisationen und lokalen Akteuren, um so praxistaugliche und direkt umsetzbare Ergebnisse zu liefern.

Übersicht des Climate Action Navigators
Climate Action Navigator

Wie geht es weiter?

CAN und seine Analysewerkzeuge wie hiWalk sind dynamische Tools, die sich stetig durch Feedback und Zusammenarbeit mit Partnern weiterentwickeln. Schon bald wird es weitere Werkzeuge geben. Am 15. Mai 2025 veröffentlichen wir das Dashboard. Ab dann können Nutzer die Fuß- und Radverkehrfreundlichkeit (aktuell nur in Deutschland) sowie die Heizungsemissionen ihrer Stadt oder anderer Gebiete analysieren.

Wir laden alle Interessierten herzlich zu unserem offiziellem Online-Launch-Event am 05. Juni 2025 um 14 Uhr (MESZ) ein. Dort erhaltet ihr spannende Einblicke in die Entwicklung und Anwendung des Climate Action Navigators.

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Bis dahin könnt ihr in unseren nächsten Blogbeiträgen mehr zu weiteren Indikatoren lernen. Bei Fragen oder Anmerkungen freuen wir uns über Nachrichten an kirsten.vonelverfeldt@heigit.org und über euren Besuch auf unserer Website.