Der Climate Action Navigator (CAN) ist ein interaktives Dashboard vom HeiGIT, welches hochauflösende Daten zu Klima-Schlüsselfaktoren bietet. Dazu zählen unter anderem Daten zur Qualität und Verfügbarkeit der Mobilitätsinfrastruktur oder zu CO2-Emissionen, die durch das Heizen von Wohngebäuden entstehen.
In diesem Blogpost werden diejenigen Emissionen genauer betrachtet, die durch Änderungen der Landnutzung und Landbedeckung (LULC) entstehen. Das Analysewerkzeug LULC Change liefert hochauflösende Schätzungen der Emissionen für einen benutzerdefinierten Zeitraum in einem räumlichen Maßstab, welcher für lokale klimabezogenen Politiken und Interessengruppen relevant ist.
Warum Informationen zu den Emissionen durch LULC Change für den Klimaschutz entscheidend sind
Die Änderungen der LULC sind ein bedeutender Treiber von CO2-Emissionen. Deshalb sind detaillierte räumliche Informationen zu diesen Veränderungen besonders wichtig, um zu erkennen, wo die meisten Emissionen auftreten. Wenn Land beispielsweise in landwirtschaftliche Fläche oder Infrastruktur verändert oder städtisch genutzt wird, können dabei signifikante Kohlenstoff-Ausstöße entstehen. Bemühungen, diese Emissionen zu reduzieren, wie etwa die Förderung nachhaltiger Landbewirtschaftungspraktiken, können manchmal zu konkurrierenden Anforderung an den Boden führen. Gezielte Planung ermöglicht die Implementierung von Lösungen, die ökologische und sozioökonomische Bedürfnisse in Einklang bringen. Um solche Maßnahmen explizit zu planen, sind hochauflösende räumliche Informationen erforderlich.
Das Analysewerkzeug LULC Change: Mehr als eine LULC Karte
Das Analysewerkzeug zur Bewertung von LULC-Veränderungen ist mehr als eine Karte, die Landnutzungs- und Landbedeckungs-Änderungen darstellt. Es werden nicht nur die Veränderungen der Landbedeckung kartiert, sondern auch hochauflösende Schätzungen der Emissionen, die durch diese Änderungen entstehen, geliefert. Dadurch können tiefere Einblicke in die Umweltauswirkungen bereitgestellt werden. Außerdem lassen sich die Daten unseres Dashboards durch ihre hohe zeitliche und räumliche Auflösung sowie die interaktive Anwendung einfacher in der Praxis implementieren als viele bestehende LULC-Karten. Die Nutzenden können bestimmte Zeitpunkte und Regionen auswählen und erhalten dabei eine gezielte und detaillierte Analyse, die eine informiertere Entscheidungsfindung ermöglicht.
Die aus dem Dashboard resultierenden Informationen zu den Emissionen der LULC-Veränderungen können auf verschiedene Weise wirkungsvoll genutzt werden. Erstens ermöglicht es den Nutzenden, Schlüsselbereiche zu definieren, in denen LULC-Veränderungen zu erheblichen Emissionen führen. Dies hilft bei der Priorisierung von Regionen, die eine genauere Überwachung oder ein sofortiges Eingreifen erfordern.
Zweitens können die lokalen Daten lokalen Akteur*innen wie Gemeinden, Umweltbehörden oder Landbewirtschaftenden dabei helfen, ihren Beitrag zu LULC-bezogenen Emissionen zu quantifizieren. Dies ist für die Berichterstattung, die Entwicklung von Strategien und die Verfolgung von Fortschritten bei der Erreichung von Klimazielen unerlässlich.
Schließlich kann das Analysewerkzeug bei der Planung wirksamer Maßnahmen zur Emissionsminderung helfen. Wenn die Beteiligten wissen, wann und wo Emissionen auftreten, können sie gezielt Strategien zur Verringerung künftiger Auswirkungen, zur Verbesserung der Landbewirtschaftung und zur Förderung einer nachhaltigeren Entwicklung unterstützen.

Screenshot des LULC Change Analysewerkzeugs im CAN – Dieses Beispiel zeigt Grünheide, Deutschland
Wie das Analysewerkzeug LULC Change funktioniert: Methoden und Daten
Erkennung von LULC-Veränderungen
Um LULC-Veränderungen zu erkennen, werden Klassifizierungen aus Sentinel-2-Satellitenbilderung zu Beginn und am Ende eines ausgewählten Zeitraums verglichen. Die Berechnungen sind für die Zeiträume ab 2017 möglich. Um die LULC-Klassifizierungen zu erhalten, werden Bilder vom Juli des jeweiligen Jahres verwendet. Wenn der Analysezeitraum beispielsweise 2017-2024 beträgt, werden die Veränderungen zwischen Juli 2017 und Juli 2024 bewertet, indem Pixel identifiziert werden, die von einer LULC-Klasse zu einer anderen wechseln.
Die LULC-Klassifizierung anhand von Satellitenbildern ist mit Unsicherheiten behaftet insbesondere aufgrund von Wolkenbedeckung, atmosphärische Effekten und Unschärfen in der Klassifikation (Salt-and-pepper-Artefakte oder Mischpixel). Um die Auswirkungen solcher Fehler zu verringern, werden nur Klassifizierungen mit einer Modellsicherheit von mindestens 75% als gültig angesehen. Diejenigen, die unterhalb dieses Schwellenwerts liegen, werden als “unbekannt” markiert. Das Klassifizierungsmodell wurde speziell für Deutschland trainiert, sodass das Analysewerkzeug derzeit nur in dieser Region eingesetzt werden kann. Wir planen, das Werkzeug in Zukunft auch in andere Regionen auszuweiten.
Berechnung des Kohlenstoffflusses
Die Kohlenstoffflüsse werden durch den Vergleich mit den ursprünglichen und endgültigen LULC-Klassen verbundenen Kohlenstoffvorräten geschätzt. Diese Bestände berücksichtigen sowohl den Boden- als auch den Vegetationskohlenstoff und stellen Durchschnittswerte pro Hektar dar. Verschiedenen Landtypen speichern unterschiedliche Mengen an Kohlenstoff: Wälder beispielsweise speichern mehr Kohlenstoff als Grasland oder städtische Gebiete. Wir verwenden einen spezifischen Kohlenstoffbestandswert für jeden Landtyp, um den Unterschied im Kohlenstoffbestand zwischen dem Beginn und dem Ende des ausgewählten Zeitraums zu berechnen. Das Ergebnis ist ein geschätzter Wert für die Kohlenstoffemission oder -speicherung (gemessen in Tonnen pro Hektar).
Die Nutzenden können aus drei Datenquellen für die Werte des Kohlenstoffbestand wählen:
- BLUE model (Hansis et al., 2015),
- Higher values from Hansis et al. (2015) based on Reick et al. (2010),
- CDIAC database (Houghton & Hackler, 2001).
Diese Quellen unterscheiden sich in ihren Annahmen, insbesondere in Bezug auf die Heterogenität der Landnutzung und den Zeitpunkt der Veränderung des Kohlenstoffbestands, was zu unterschiedlichen Unsicherheitsgraden in den Ergebnissen führt. Detaillierte Annahmen und Methoden sind den Originalveröffentlichungen zu entnehmen.
Der Climate Action Navigator: Werkzeuge zur praktischen Anwendung
Der Climate Action Navigator ist weit mehr als ein reines Werkzeug zur Bewertung von Klimaschutzmaßnahmen in Städten weltweit. Er hilft dabei, lokale Stärken sichtbar zu machen, Handlungsbedarfe aufzuzeigen und gezielte Lösungen zu entwickeln, um Städte lebenswerter, inklusiver und klimaresilienter zu gestalten. Im Gegensatz zu klassischen Indikatoren entstehen die CAN-Analysewerkzeuge im engen Austausch mit Stadt- und Verkehrsplanungsbüros, gesellschaftlichen Organisationen und lokalen Akteuren, um so praxistaugliche und direkt umsetzbare Ergebnisse zu liefern.
Mehr Informationen zum Climate Action Navigator und zu den entsprechenden Analysewerkzeugen finden sie auf unserer Projekt-Website.
Referenzen
- Relevance of methodological choices for accounting of land use change carbon fluxes Hansis, Eberhard and Davis, Steven J and Pongratz, Julia, 2015, Global Biogeochemical Cycles, 29, 1230–1246, Relevance of methodological choices for accounting of land use change carbon fluxes
- Carbon Flux to the Atmosphere From Land-use Changes: 1850 to 1990 (NDP-050/R1) Houghton, Richard A and Hackler, Joseph L, 2001, https://doi.org/10.3334/CDIAC/lue.ndp050
- Contribution of anthropogenic land cover change emissions to pre-industrial atmospheric CO2 Reick, Christian and Raddatz, Thomas and Pongratz, Julia and Claussen, Martin, 2010, Tellus B: Chemical and Physical Meteorology, 62, 329–336, Contribution of anthropogenic land cover change emissions to pre-industrial atmospheric CO2 | Tellus B: Chemical and Physical Meteorology