Bei katastrophalen Ereignissen wie dem jüngsten Erdbeben in der Türkei/Syrien ist die Straßeninfrastruktur in dem betroffenen Gebiet oft unterbrochen, die Erreichbarkeit von Orten kann im Zeitverlauf variieren. Trotzdem ist es unerlässlich, den betroffenen Menschen schnell Hilfe zukommen zu lassen. Humanitäre Organisationen benötigen Echtzeit-Informationen für die Teamstärke- und Logistikplanung: Welche Straßen sind noch befahrbar? Wie kann ich mein Ziel in der aktuellen Situation erreichen? Wie steht es um den Zugang zu medizinischen Einrichtungen? Welche Grenzübergänge zwischen der Türkei und Syrien sind überquerbar?

Nach dem Erdbeben in der Türkei und Syrien im Februar 2023, setzte das HeiGIT eine Instanz des disaster portal für die betroffene Region mit Input des MSF GIS Middle East Team (Médecins Sans Frontières/Ärzte ohne Grenzen) auf, die die Operation von Ärzte ohne Grenzen in Syrien unterstützen und einen Bedarf an der Koordinierung der Versorgung vor Ort hatten.

HeiGIT’s disaster portal ist ein Dienst, der die Katastrophenhilfe durch die Bereitstellung aktueller Informationen für die Planung von Routen und die Erstellung von Erreichbarkeitszonen unter Berücksichtigung unzugängliche Teile des Straßennetzes, unterstützen soll . Das Portal enthält eine Funktion zur Speicherung von Katastrophengebieten wie gesperrten Straßen, Brücken, die durch Erdbeben zerstört wurden, oder Grenzen, die aufgrund von Konflikten blockiert sind. Diese Merkmale werden bei der Erstellung von Routen oder Isochronen automatisch vermieden.

Hinzufügen von „Vermeidungsgebieten“

 

Für die Aktivierung in der Region Anatolien hat HeiGIT öffentlich verfügbare Daten des Welternährungsprogramms (WFP) Logistics Cluster über den Status von Straßen und Grenzkontrollpunkten abgerufen und integrierte sie als Vermeidungsgebiete und Overlay. Die geschlossenen Grenzpunkte können somit durch Routing umfahren werden. Das MSF GIS Middle East Team teilte seine Erfahrung in Desastersituationen, probierte den Service aus und gab wertvolle Rückmeldungen und trug so zu einem ersten Schritt Richtung eines Open-Source-Dienstes bei, der den Bedürfnissen der humanitären Akteure entspricht.

 

 

 

Die Webanwendung basiert auf dem bestehenden Web-Client, der die Funktionen der Openrouteservice-API vorstellt, verfügt jedoch über einige zusätzliche Funktionen, die speziell in Katastrophenszenarien hilfreich sind. Die zugrundeliegenden OpenStreetMap-Daten, die für die Erstellung der Straßennetzgrafiken verwendet werden, werden alle 10 Minuten aktualisiert. Daher können die neusten OSM Daten in diesem Service genutzt werden.

Das Humanitarian OpenStreetMap Team (HOT) organisiert Projekte zur raschen und gemeinschaftlichen Kartierung in dringenden Katastrophensituationen. Beim Erdbeben in Anatolien wurden 13 dringende Kartierungsprojekte mit mehr als 15.000 Freiwilligen aktiviert, die hauptsächlich dazu beitrugen Straßen und Gebäude zu kartieren. Jedes Mal, wenn eine Straße in OpenStreetMap hinzugefügt oder bearbeitet wird, wird die Änderung in das Katastrophenportal innerhalb von wenigen Minuten und kann somit zur Berechnung von Routen verwendet werden. Das Routing berücksichtigt auch alle Attribute, die für die kartierten Straßen verfügbar sind: zum Beispiel werden Straßen vermieden, die in OSM mit den Attributen smoothness=impassable oder access=no ausgezeichnet sind.

Der Proof-of-Concept des Katastrophenportals fand bei den potenziellen Nutzern während der Katastrophenereignisse Anklang. Xavier Charles (GIS Regional Teschnischer Referent für Middle East MSF) erklärte, “It is an awesome tool that already fulfills the purpose of saving extra effort and time in emergency response.” Im Allgemeinen deckt das Katastrophenportal bereits die wichtigsten Aspekte für mögliche Anwendungsfälle der MSF ab, und seine Funktionen sowie die integrierten Merkmale können auch langfristig über die Reaktionsphase hinaus genutzt werden.

Basierend auf diesem Anwendungsfall freuen wir uns nun über Feedback zu weiteren Anforderungen an Funktionen oder Datensätzen sowie über andere Wünsche. Wir freuen uns sehr darauf, das Katastrophenportal weiterzuentwickeln, damit es für alle Arten von humanitären Organisationen einen positiven Einfluss auf die Hilfsmaßnahmen haben kann.

Für weitere Einblicke schauen Sie sich unser Erklärungsvideo an.

Wenn Sie daran interessiert sind, eine Instanz für ein Interessengebiet einzurichten (AOI) oder Zugriff zu erhalten um Ihre individuellen Vermeidungsbereiche hinzufügen und speichern zu können, kontaktieren Sie uns bitte über info@heigit.org.

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