Hitzestress hat sich in Deutschland zunehmend zu einem Problem entwickelt. Seit 1881 hat sich die Zahl der Tage pro Jahr mit einer Höchsttemperatur von über 30 °C fast verdreifacht und es wird erwartet, dass sich dieser Trend aufgrund des Klimawandels weiter verstärken wird. Hitzestress wirkt sich in vielerlei Hinsicht auf die Gesundheit und das Wohlbefinden aus, unter anderem durch Dehydrierung, Herz-Kreislauf-Stress und Hitzeschläge. Um zu untersuchen, ob eine Healthy-Routing-App das Verhalten der Nutzer und damit ihre Gesundheit beeinflusst, indem sie die Hitzebelastung reduziert, arbeitet HeiGIT mit HIGH (Heidelberg Institute of Global Health) und TdLab Geography (Transdisciplinary Laboratory Geography) der Universität Heidelberg zusammen. Für die erste Phase des Projekts GEHIPED (Gesundheitsförderndes Potential hitzeverminderter Routenplanung auf individueller und stadtplanerischer Ebene) haben wir eine Förderung durch das BMBF (Bundesministerium für Bildung und Forschung) erhalten: Gesundheitsförderndes Potenzial hitzevermeidender Routenplanung auf individueller und stadtplanerischer Ebene.
Die Studie
Das Hauptziel unserer Studie ist es, zu bewerten, ob eine Healthy-Routing-App aus einem anderen Projekt, HEAL, einen Einfluss auf das Verhalten der Nutzer und damit auf ihre Gesundheit hat, indem sie die Hitzebelastung reduziert. Das Projekt wird die Auswirkungen der App als Intervention auf den individuellen Hitzestress analysieren. Die App schlägt Routen vor, die schattig sind und einen niedrigeren Hitzestresswert haben. Die Studie wird die Auswirkungen der App auf das Wohlbefinden der Zielgruppen, Menschen mit Behinderungen, Migranten und der Allgemeinbevölkerung untersuchen, wobei der Schwerpunkt auf gefährdeten Mitgliedern dieser Gruppen, wie älteren Menschen oder Kindern, liegt.
In der ersten Phase wird eine Pilotstudie zur Erprobung der Intervention und zur Analyse der Auswirkungen der App durchgeführt. Die Erfahrungen und Ergebnisse aus der Pilotstudie werden als Grundlage für die Hauptanalyse in einer späteren Projektphase verwendet. Darüber hinaus werden wir Design-Thinking-Workshops nutzen, um sowohl die Zielgruppen als auch die Stadtverwaltung einzubinden.
Mithilfe eines gemischten Methodenansatzes evaluieren wir die Auswirkungen der Healthy Routing App auf die individuelle Wärmebelastung. Die quantitative Komponente umfasst eine stichprobenartig kontrollierte Studie, die in zwei Gruppen aufgeteilt ist, wobei die Studienkohorte in Gruppe 1 Zugang zur App und zur Intervention hat und die Studienkohorte in Gruppe 2 keinen Zugang zur App und zur Intervention hat. Um individuelle Unterschiede bei wichtigen Gesundheitsvariablen in der Studienpopulation zu messen, werden Fitness-Tracker verwendet, um die Aktivität, Schlafdauer, die Anzahl der geschlafenen Stunden und die Herzfrequenz der Studienteilnehmer aufzuzeichnen. Darüber hinaus werden wir die Studienteilnehmer mit einem Fragebogen zu ihrer Wahrnehmung von z.B. dem subjektiven Stressempfinden, insbesondere in Bezug auf Hitzeexposition, befragen, ob Hitze als Bedrohung wahrgenommen wird, welche Schutzmaßnahmen gegen Hitze bereits angewendet werden, aber auch zur Akzeptanz von technologischen Anwendungen und der Bedeutung von Benutzerfreundlichkeit.
Der wissenschaftliche Hintergrund
In der Klimafolgen- und Risikoanalyse 2021 (KWRA) für Deutschland wurde Hitzestress als Folge des Klimawandels mit einem sehr dringenden Handlungsbedarf eingestuft. Denn seit 1881 hat sich die Zahl der heißen Tage in Deutschland mit Höchsttemperaturen von mindestens 30 Grad Celsius fast verdreifacht. Damit ist Hitze eine der am meisten unterschätzten und tödlichsten Gefahren. In jedem heißen Sommer sterben in Deutschland nach Angaben des Umweltbundesamtes im Jahr 2003 insgesamt über 20.000 Menschen an den Folgen der Hitze. Schon geringe Abweichungen von etwa 1,5 °C von der Körperkerntemperatur (37 °C (± 0,5 °C)) können die physiologischen Funktionen erheblich beeinträchtigen und zu einer erheblichen Minderung der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit führen. Schon ein geringer Anstieg der Umgebungstemperatur oder der Luftfeuchtigkeit wirkt sich direkt auf die menschliche Gesundheit aus und führt u. a. zu Dehydrierung, Herz-Kreislauf-Stress, körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen und Hitzeschlägen.
Über HIGH
Das Heidelberg Institute of Global Health (HIGH) ist ein Forschungsinstitut an der Medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg. Das Institut widmet sich der Förderung von Forschung, Lehre und Interventionen im Bereich der globalen Gesundheit und befasst sich mit einem breiten Spektrum von Gesundheitsthemen. Durch seinen interdisziplinären und internationalen Ansatz fördert HIGH die Zusammenarbeit und den Wissensaustausch und befasst sich mit komplexen globalen Gesundheitsproblemen wie Infektionskrankheiten, chronischen Krankheiten, Gesundheitssystemen, Umweltgesundheit und den Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit. Durch seine Arbeit will HIGH Lösungen schaffen und umsetzen, die gesundheitliche Chancengleichheit und Wohlbefinden auf der ganzen Welt fördern.
Über TdLab
Das Team des TdLab Geography der Universität Heidelberg gestaltet Maßnahmen zur Minderung und Anpassung an den Klimawandel mit und bringt diesen transdisziplinären und transformativen Ansatz in Bildungsangebote für die universitäre Lehre und die Öffentlichkeit ein. Seit seiner Gründung im Herbst 2018 hat das TdLab Geographie bereits breite Erfahrungen im Themenfeld der transdisziplinären Forschung zu Klimawandel und Nachhaltigkeit gesammelt. Es integriert natur- und sozialwissenschaftliche Ansätze und Methoden in gleichberechtigter Zusammenarbeit mit Akteuren aus Unternehmen, Behörden, Politik sowie der Zivilgesellschaft.
Über HeiGIT
Ziel des Heidelberg Institute for Geoinformation Technology (HeiGIT) ist es, den Wissens- und Technologietransfer aus der geoinformatischen Grundlagenforschung in die Praxis durch den Einsatz innovativer Geoinformationstechnologien zu verbessern. Es wurde 2019 als An-Institut der Universität Heidelberg gegründet und wird seither von der Klaus Tschira Stiftung grundfinanziert. Das Institut erforscht und entwickelt intelligente Routing- und Navigationsdienste für nachhaltige Mobilität und stellt Geodaten für humanitäre Einsätze bereit. Darüber hinaus werden innovative Dienste aus den Forschungsbereichen Spatial Data Mining und Maschinelles Lernen genutzt, um nutzergenerierte Geodaten (z.B. OpenStreetMap) zu analysieren, zu verarbeiten, anzureichern und zu visualisieren.