Social-Media-Daten für eine bessere Routenplanung freier Navigationsdienste

Heidelberger Geoinformatiker*innen machen im Projekt „SocialMedia2Traffic“ geokodierte Informationen nutzbar.

Heidelberg 23.05.2022. Navigationsdienste benötigen aktuelle Verkehrsinformationen, um geeignete Routen zu ermitteln und die Fahrzeit möglichst genau zu berechnen. Dafür können nun auch frei zugängliche Daten aus Sozialen Medien und der Weltkarte OpenStreetMap genutzt werden. Ein entsprechendes System, mit dem sich aus diesen die Verkehrsgeschwindigkeit abhängig von der Tageszeit ableiten lässt, haben jetzt Geoinformatikerinnen und Geoinformatiker der Universität Heidelberg und dem Heidelberg Institute for Geoinformation Technology (HeiGIT) entwickelt. Im Rahmen des Projekts „SocialMedia2Traffic“ integrierten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler diese Informationen für elf Städte – darunter Berlin, London und New York – in den HeiGIT-Dienst „openrouteservice“, um die Routenplanung zu verbessern und die Berechnung der Ankunftszeit zu präzisieren.

Mit Hilfe von Methoden des maschinellen Lernens entwickelten die Forschenden unter der Leitung von Alexander Zipf, Professor für Geoinformatik an der Universität Heidelberg und Geschäftsführer des HeiGIT, innerhalb der einjährigen Projektlaufzeit Modelle, die auf Grundlage von geokodierten Daten aus dem Kurznachrichtendienst Twitter und dem frei verfügbaren Kartensystem OpenStreetMap die Verkehrsgeschwindigkeit von innerstädtischen Straßen bestimmen können. Diese Informationen sind kostenlos und frei nutzbar, anders als die Geodaten, die üblicherweise in Navigationsdienste einfließen. Die stadtbezogenen Modelle ziehen aus der räumlichen Dichte der Tweets in der Nähe von Straßen und der damit einhergehenden menschlichen Aktivität Rückschlüsse auf den daraus resultierenden Verkehrsfluss.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Geographischen Instituts an der Universität Heidelberg und des HeiGIT, das von der Klaus Tschira Stiftung getragen wird, verwendeten dafür Standortinformationen aus insgesamt zehn Millionen Tweets aus der Zeit von Januar 2018 bis März 2020, mit denen die Tweet-Dichte berechnet wurde. Nach diesem Prinzip könnten in Zukunft auch Daten aus weiteren Social-Media-Plattformen in derartige Modelle integriert werden. Zusätzlich wurden pro Stadt mehrere Tausend Autofahrten simuliert – basierend auf der Bevölkerungsverteilung und OpenStreetMap-Daten. Aktuell arbeiten die Forschenden nun daran, die Genauigkeit ihres Systems weiter zu verbessern und für weitere Städte nutzbar zu machen.

„Mit dem von uns entwickelten System lässt sich nicht nur die Genauigkeit von freien Navigationsdiensten erhöhen. Standortinformationen aus den sozialen Medien könnten außerdem genutzt werden, um Fuß- und Radrouten abseits viel befahrener Straßen vorzuschlagen oder räumlich hochaufgelöste Karten zu verkehrsbedingten CO2-Emissionen zu erstellen“, erklärt Alexander Zipf.

Das Projekt „SocialMedia2Traffic“ wurde im Rahmen der Innovationsinitiative mFUND des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr gefördert. Die Ergebnisse sind in einer interaktiven Web-Karte visualisiert und stehen frei zugänglich zum Download zur Verfügung.

 

Informationen im Internet:

Webkarte – https://sm2t.heigit.org

API – https://github.com/GIScience/socialmedia2traffic-api

Studienergebnisse – www.mcloud.de

openrouteservice – https://openrouteservice.org

Abteilung Geoinformatik – www.geog.uni-heidelberg.de/gis/index.html

HeiGIT – https://heigit.org/de/willkommen

 

Über den mFUND des BMDV:

Im Rahmen der Innovationsinitiative mFUND fördert das BMDV seit 2016 datenbasierte Forschungs- und Entwicklungsprojekte für die digitale und vernetzte Mobilität der Zukunft. Die Projektförderung wird ergänzt durch eine aktive fachliche Vernetzung zwischen Akteuren aus Politik, Wirtschaft, Verwaltung und Forschung und durch die Bereitstellung von offenen Daten auf dem Portal mCLOUD. Weitere Informationen finden Sie unter www.mFUND.de.

Über das HeiGIT:

Das Heidelberg Institute for Geoinformation Technology (HeiGIT) möchte den Wissens- und Technologietransfer aus der Grundlagenforschung im Bereich Geoinformatik in die Praxis verbessern – und dies auf Basis innovativer Geoinformationstechnologien. 2019 wurde das HeiGIT als An-Institut der Universität Heidelberg gegründet und wird seitdem von der Klaus Tschira Stiftung getragen. Das Institut forscht und entwickelt intelligente Routing- und Navigationsdienste für nachhaltige Mobilität und stellt Geodaten für die Unterstützung humanitärer Einsätze zur Verfügung. Zudem werden innovative Dienste aus dem Spatial Data Mining und Maschinellem Lernen zur Analyse, Verarbeitung, Anreicherung und Visualisierung von nutzergenerierten Geodaten (z.B. OpenStreetMap) eingesetzt. Weitere Informationen unter: https://heigit.org/de

 

Kontakt:

Prof. Dr. Alexander Zipf

Geographisches Institut & HeiGIT

Telefon (06221) 54-5533

zipf@uni-heidelberg.de

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