Das transdisziplinäre Projekt HEAL bindet Bürgerinnen und Bürger in den Forschungsprozess zu Hitzestress in der Stadt mit ein: Insbesondere Risikogruppen soll der Alltag bei Hitzewellen erleichtert werden. An HEAL sind das von der Klaus Tschira Stiftung getragene Heidelberg Institute for Geoinformation Technology (HeiGIT), das TdLab Geographie und die GIScience Research Group der Universität Heidelberg beteiligt.
In den vergangenen Wochen haben die Temperaturen in vielen Teilen der Welt Rekordwerte erreicht. Immer häufiger treten intensive und lang andauernde Hitzeperioden auf, die aufgrund versiegelter Fläche und mangelnder Grünflächen insbesondere in Städten längst zum Gesundheitsrisiko geworden sind: Kreislaufprobleme, eine Verschlimmerung chronischer Krankheiten und Hitzschläge belasten vor allem Ältere, Menschen mit Vorerkrankungen, Kleinkinder und Schwangere. Sie reagieren besonders sensibel auf Hitze und gehören damit zu den Risikogruppen. 2022 verzeichnete das Robert Koch Institut eine hitzebedingte Übersterblichkeit, die Prognosen für 2023 sehen ähnlich aus. Hier setzt das inter- und transdisziplinäre Projekt „Hitzeanpassung für vulnerable Bevölkerungsgruppen“, kurz: HEAL, an: Forschende des HeiGIT, des TdLab Geographie und der GIScience Research Group der Universität Heidelberg untersuchen die Hitzebelastung in Heidelberg und ermitteln die Bedürfnisse von Bürgerinnen und Bürger. Sie entwickeln ein Hitzestress vermeidendes Routing, das hilft, in Heidelberg die kühlste Strecke von A nach B zu finden.
HEAL zeichnet sich vor allem durch die enge Zusammenarbeit mit den Zielgruppen aus: Bürgerinnen und Bürger, insbesondere Menschen der Hitze-Risikogruppen, werden in den Forschungsprozess eingebunden, und in diesem Fall nicht nur in wissenschaftlichen Umfragen und Interviews. Im Rahmen von fünf interaktiven Spaziergängen im Heidelberger Stadtgebiet konnten vulnerable Personen direkt vor Ort auf Probleme hinweisen und konkrete Herausforderungen beschreiben, ihre Strategien zur Hitzevermeidung erklären und aufzeigen, was ihnen unterwegs hilft. Außerdem fand eine Hitze-Werkstatt statt, bei der Schülerinnen und Schüler für die Gesundheitsrisiken von Hitze sensibilisiert wurden und in intensiven Austausch miteinander treten konnten. Solche partizipativen Methoden gewähren den Forschenden zusätzlich zu quantitativer Forschung Zugang zu den tatsächlichen Lebensrealitäten von Betroffenen, die durch klassische Datenerhebungen nicht sichtbar werden: Wie belastend sind hohe Temperaturen im Sommer? Zeigen sich Unterschiede bei den verschiedenen vulnerablen Gruppen? Welche Orte in Heidelberg sind an heißen Tagen besondere Risikogebiete? Welche digitalen Tools würden helfen, Hitzetage besser zu überstehen? Und wie müssen solche Anwendungen gestaltet werden, damit sie auch für ältere Menschen zugänglich sind? So haben die Forschenden herausgefunden, dass zum Beispiel besonders öffentliche Plätze wie der Bismarckplatz oder Stadtteile wie die Altstadt und Bergheim sowie Grünflächen wie die Neckarwiese an denen die Beschattung größtenteils fehlt, als Hitze-Hotspots empfunden werden.
Aus dieser engen Zusammenarbeit mit Betroffenen und lokalen Expertinnen und Experten zum Beispiel aus der Stadtverwaltung fließen die Ergebnisse direkt in die Entwicklung des Hitze-Routings ein und unterstützen damit die Aktivitäten des Umweltamts im Rahmen des Hitzeaktionsplans. Eine Maßnahme des Hitzeaktionsplans ist die Veröffentlichung einer „Kühlen Karte“, in die auch Impulse aus dem HEAL-Projekt eingingen. Die digitale interaktive Karte zeigt an, wo im Stadtgebiet klimatisierte Gebäude, (Trink-)Brunnen, Eisdielen und Schattenbänke zu finden sind. Für das Hitze-Routing existiert bereits der erste Prototyp, welcher aktuell gemeinsam mit vulnerablen Personengruppen einem Nutzungstest unterzogen wird. Die Ergebnisse aus den Tests und das Feedback von den Studienteilnehmenden fließen direkt in die Weiterentwicklung der webbasierten Anwendung ein. Bis zum Projektende im Mai 2024 wird das Routing fertiggestellt sein und einen wichtigen Beitrag zum Hitzeschutz in Heidelberg leisten. Das Projekt HEAL wird durch die Baden-Württemberg Stiftung im Rahmen des Forschungsprogramms „Innovationen zur Anpassung an den Klimawandel“ gefördert.