HeiGITs Climate Action Navigator im Fokus: Bodenverbrauch

Im Mai diesen Jahres haben wir den Climate Action Navigator (CAN) veröffentlicht. Er ist ein interaktives Dashboard, das hochauflösende Daten zu Klima-Schlüsselfaktoren bietet. Dazu zählen unter anderem Daten zur Qualität und Verfügbarkeit der Mobilitätsinfrastruktur oder zu CO2-Emissionen, die durch das Heizen von Wohngebäuden entstehen.

In diesem fünften Blogpost unserer Serie wird das Analysewerkzeug Land Consumption (Bodenverbrauch) näher betrachtet. Unter Bodenverbrauch versteht man die Umwandlung von nicht-städtischen Flächen wie landwirtschaftlichen Flächen, Wäldern oder Naturlandschaften in bebaute oder versiegelte Flächen durch Siedlungserweiterung, Infrastrukturentwicklung oder industrielle Nutzung. Dies führt in der Regel zu einer Versiegelung des Bodens und einem Verlust von Ökosystemfunktionen.

Warum Bodenverbrauch Auswirkungen auf das Klima und die Lebensqualität hat

Genaue und hochauflösende Daten sind wichtig für Fortschritte in Richtung einer nachhaltigen Entwicklung. Vor allem in städtischen Regionen nimmt der Bodenverbrauch rapide zu, was zu vielfältigen ökologischen und sozioökonomischen Herausforderungen führt. Die Ausdehnung bebauter Gebiete steht in einem engen Zusammenhang mit dem Verlust an biologischer Vielfalt, erhöhten Treibhausgasemissionen und der Beschleunigung von Landdegradationsprozessen. Gleichzeitig hat der städtische Bodenverbrauch tiefgreifende Auswirkungen auf die Sozial- und Raumplanung, einschließlich des Verlusts historischer und kultureller Landschaften sowie der Verringerung der Verfügbarkeit von Qualität von Grünflächen. Dies beeinträchtigt nicht nur die Lebensqualität in Städten, sondern auch ihre Anpassungsfähigkeit für zukünftige Herausforderungen.

Am Beispiel von Deutschland ist zu beobachten, dass die Landnutzung zunimmt. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilte, wurden im Jahr 2019 täglich 45 Hektar Fläche für neue Siedlungs- und Verkehrsflächen verbraucht. In 2023 stieg dieser Wert auf 53 Hektar pro Tag an. In der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie strebt die Bundesregierung an, den durchschnittlichen täglichen Anstieg bis 2030 auf 30 Hektar zu begrenzen. Bis 2050 ist eine Flächenkreislaufwirtschaft das Ziel. Dennoch bleibt die geographische Verteilung des Bodenverbrauchs trotz dieser Statistik unklar.

Der Climate Action Navigator liefert Auswertungen des Bodenverbrauchs, die die Auflösung herkömmlicher Werkzeuge übertreffen. Dies wird durch die Nutzung hochauflösender räumlicher Daten ermöglicht. Die Entwicklung dieses Analysewerkzeugs erfolgte in Zusammenarbeit mit WWF Österreich, der uns bei der Gestaltung und dem Aufbau des Werkzeugs beriet. Unser Ziel ist es, genaue Daten zur Verfügung zu stellen, um Entscheidungsprozesse für eine nachhaltige Landnutzung zu unterstützen und gleichzeitig eine internationale Vergleichbarkeit herzustellen. Dies ist wertvoll für die Stadtplanung, Politik oder Entscheidungstragende, um das Bewusstsein für zukünftige Entscheidungen zu schärfen.

Hinweis für Nutzende: Land Consumption ist derzeit nur für kleine bis mittelgroße Städte verfügbar. Größere Städte wie Paris, Berlin oder Wien werden in künftigen Versionen unterstützt. Dennoch ist es möglich, Analysen von Stadtteilen und Nachbarschaften durchzuführen, sodass Teile der jeweiligen Städte ausgewählt werden können, auch wenn nicht die gesamte Stadt auf einmal analysiert werden kann.

Was misst das Analysewerkzeug Land Consumption?

Der Zweck des Analysewerkzeuge Land Consumption besteht darin, den Anteil und die Art des Bodenverbrauchs in einem bestimmen Gebiet zu bestimmen. Er gibt an, wie viel Land von Gebäuden, Parkplätzen, Straßen und anderen bebauten Flächen beansprucht wird. Diese Werte werden sowohl insgesamt als auch im Verhältnis zwischen den verschiedenen Flächennutzungsklassen wie Gewerbe, Wohnung und Industrie angegeben. Deshalb unterscheidet das Analysewerkzeug zwischen zwei Kategorien:

  • Verbrauchtes (Consumed) Land: bebautes Land einschließlich Gebäuden, Straßen, Parkplätzen und sonstiger gebauter Infrastruktur; ohne landwirtschaftliche, natürliche oder naturnahe Flächen
  • Dauerbesiedlungsraum: alles vom Menschen veränderte oder bebaute Land, wie z.B. Landwirtschaft, Gebäude und befestigte Flächen, jedoch ohne natürliche Flächen

Identifizierung von Landnutzungsobjekten und -klassen mit OSM

Zur Analyse des Bodenverbrauchs greift das Plugin auf OpenStreetMap-Daten zurück, um zu ermitteln, wie die Flächen in einem bestimmten Gebiet genutzt und verbraucht werden. Es identifiziert verschiedene Merkmale wie Gebäude, Parkplätze, Straßen, bebaute, landwirtschaftliche und natürliche Flächen anhand von OSM-Tags. Darüber hinaus berücksichtigt das Plugin auch verschiedene Landnutzungsklassen wie Wohn-, Gewerbe-, Infrastruktur- und institutionelle Gebiete, landwirtschaftliche und natürliche Landnutzung, um abzuschätzen, wie viel Land durch verschiedene Arten menschlicher Aktivität verbraucht wird.

Tabellen und Kacheldiagramm zur Visualisierung des Bodenverbrauchs

Diese Ergebnisse werden dann in Form von zwei Tabellen (Basistabelle und detaillierte Tabelle) und einem Kacheldiagramm dargestellt. Alle drei haben folgende Ausgabevariablen: Gesamtfläche [ha] (Total Land Area) (Gebäude beanspruchen 118,72 ha in der Inneren Stadt in Wien), % der verbrauchten Fläche (% of Consumed Land Area) (Gebäude machen 44,01 % der verbrauchten Fläche in der Inneren Stadt in Wien aus) und % der besiedelten Fläche (% of Settled Land Area) (Gebäude machen 43,96 % der besiedelten Fläche in der Inneren Stadt in Wien aus).

In der Basistabelle gibt Land Consumption die Gesamtfläche und den Anteil an der Gesamtfläche für jedes Landnutzungsobjekt (z.B. Gebäude, Straßen, Parkplätze) sowie den Anteil des Objekts an “verbrauchtem Land” und “besiedeltem Land” in dem jeweiligen Gebiet an.

Basistabelle des Bodenverbrauchs von Wien (Innere Stadt), Österreich

Die detaillierte Tabelle geht noch einen Schritt weiter und berechnet, wie viel Land für jedes Landnutzungsobjekt und jede Landnutzungsklasse (z.B. Gewerbe, Wohnen, Industrie) verbraucht und genutzt wird.

Detaillierte Tabelle des Bodenverbrauchs von Wien (Innere Stadt), Österreich

Schließlich enthält das Kacheldiagramm die gleichen Informationen wie die detaillierte Tabelle, jedoch in hierarchischer Form. Die Darstellung zeigt, welche Landnutzungsobjekte und -klassen in einem bestimmten Gebiet am meisten Land verbrauchen.

Kacheldiagramm des Bodenverbrauchs von Wien (Innere Stadt), Österreich

Der Climate Action Navigator: Werkzeuge zur praktischen Anwendung

Der Climate Action Navigator ist weit mehr als ein reines Werkzeug zur Bewertung von Klimaschutzmaßnahmen in Städten weltweit. Er hilft dabei, lokale Stärken sichtbar zu machen, Handlungsbedarfe aufzuzeigen und gezielte Lösungen zu entwickeln, um Städte lebenswerter, inklusiver und klimaresilienter zu gestalten. Im Gegensatz zu klassischen Indikatoren entstehen die CAN-Analysewerkzeuge im engen Austausch mit Stadt- und Verkehrsplanungsbüros, gesellschaftlichen Organisationen und lokalen Akteuren, um so praxistaugliche und direkt umsetzbare Ergebnisse zu liefern. Wenn möglich basieren die Analysewerkzeuge auf frei zugänglichen Daten (wie OpenStreetMap oder Satellitenbildern) sowie auf offenen Softwareanwendungen. Dadurch werden Zugänglichkeit, breite Anwendbarkeit und Anpassungsmöglichkeiten gewährleistet.

Climate Action Navigator

Nächste Schritte

Land Consumption und der CAN im Allgemeinen werden ständig verbessert und weiterentwickelt, um den Bedürfnissen unserer Partnerorganisationen gerecht zu werden. Am 05. Juni, dem Weltumwelttag, hat unser Launch-Event stattgefunden, an dem das Dashboard vorgestellt wurde. Hier gibt es die Videoaufzeichnung davon.

Außerdem gibt es bereits Blogposts zu den Analysewerkzeugen hiWalk, hiBike, Heating Emissions and Land Use and Land Cover Change. Mehr Informationen und ein FAQ zum Dashboard und den Analysewerkzeuge findest du auf der Projektwebsite.

Bei Fragen oder Anmerkungen freuen wir uns über Nachrichten an climate-action-navigator@heigit.org und über euren Besuch auf unserer Website.