Die Entwicklung von Werkzeugen zur Kartierung und Navigation im städtischen (und weniger städtischen) Dschungel ist seit ihrer Gründung eine Spezialität der Teams von HeiGIT und GIScience. Wir haben Wege zum nächstgelegenen Park durch meinGrün aufgezeichnet, das Bewusstsein für Barrieren für Reisende mit eingeschränkter Mobilität gefördert CAP4Access, und halfen bei der Suche nach Abkürzungen durch die beispiellose Hitze mit HEAL. Die jüngste Ergänzung in dieser Liste ist Gefahrenstellen.de, welches in seinem Gründungsort Bonn und darüber hinaus für Aufsehen und Schlagzeilen gesorgt hat. Das Projekt, das von drei unternehmungslustigen Brüdern ins Leben gerufen wurde, soll Eltern und Schülern dabei helfen, den verkehrs- und risikoärmsten Schulweg zu finden – eine Aufgabe, die Eltern zu Beginn des neuen Schuljahres besonders am Herzen liegt. Für den Routing-Service wurde der von HeiGIT entwickelte openrouteservice-Client ORS eingesetzt.
Um mehr über das innovative und zeitgemäße Projekt zu erfahren, sprachen wir mit Arno Wolter, einem der drei Gründer und Geschäftsführer der Initiative für sicherere Straßen, die Gefahrenstellen.de entwickelt hat.
Wie sieht Ihr geschäftlicher Hintergrund im Webbereich aus?.
Wir (meine beiden Brüder und ich) entwickeln seit mehr als 20 Jahren eigene web- und appbasierte Projekte. In dieser Rolle haben wir an benutzerfreundlichen und bedarfsgerechten Lösungen gearbeitet und viele Daten ausgewertet, allerdings weniger im Bereich Verkehr/Mobilität, sondern in anderen Bereichen wie Reisen, Mobiltelefonieren, Versicherungen.
Was hat Sie inspiriert Gefahrenstellen.de zu entwickeln?
Aufgrund schmerzlicher Erfahrungen mit Verkehrsunfällen in unserem persönlichen Umfeld vor ein paar Jahren, dachten wir, dass es heutzutage mit der Menge der verfügbaren Daten und den vorhandenen Technologien möglich sein müsste, Lösungen zu entwickeln, die die Verkehrssicherheit proaktiver angehen und Gefahrenstellen erkennen, bevor es zu Unfällen kommt. Das ist genau das was wir mit dem Forschungsprojekt FeGiS+ (oder EDDA+ was für “Early Detection of Dangerous Areas in Road Traffic using Smart Data” steht) getan haben. Gefahrenstellen.de ist das Resultat und die Plattform dieses Forschungsprojekts.
Wie war es für Sie mit Ihrer Familie an diesem Projekt zu arbeiten?
Wir haben eine gut strukturierte Aufgabenteilung zwischen uns 3 Brüdern im Unternehmen: Henrik kümmert sich um die IT, Jörn ist für die Inhalte und die Öffentlichkeitsarbeit zuständig, und ich (Arno) kümmere mich um die Planung, Partnerschaften und Kooperationen, d. h. unsere Tätigkeiten und Fähigkeiten ergänzen sich. Manchmal haben wir hitzige Debatten über Strategien und Richtungen, aber das macht das Ergebnis noch besser und durchdachter.
Was sind Ihre Ziele für das Projekt?
Unser Ziel ist ein zweifaches: Einerseits möchten wir das Bewusstsein für gefährliche Bereiche im Straßennetz schärfen, damit die Verkehrsteilnehmer gefährliche Straßenabschnitte meiden oder ihr Verhalten entsprechend anpassen können (und die sicherere Streckenführung für Schulkinder ist ein gutes Beispiel dafür). Andererseits möchten wir den städtischen Behörden und der Polizei detaillierte Einblicke in kritische Straßenabschnitte geben, damit sie Prioritäten für ihre Verkehrssicherheitsarbeit setzen und die Straßeninfrastruktur anpassen können, bevor es zu schweren Unfällen kommt.
Wie sind die Reaktionen der Nutzenden ausgefallen?
Die Reaktionen waren extrem positiv. Die Nutzer-Berichte über gefährliche Stellen den auf Gefahrenstellen.de erhalten sind von sehr hoher Qualität und Güte. Eine detaillierte Studie der RWTH Aachen und der Deutschen Hochschule der Polizei hat die Gültigkeit und Relevanz der Verkehrsteilnehmerberichte bestätigt. Auch der neue Dienst zur Suche des sichersten Schulwegs wurde in nur sechs Wochen nach der Einführung des neuen Dienstes bereits mehr als 10.000 Mal genutzt.
Wie haben Sie ORS in das Projekt integriert?
Zurzeit nutzen wir ORS für die „sichere Schulwegplanung“ auf unserer Plattform. Schulkinder und ihre Eltern können auf der Plattform nach der sichersten Route suchen, die gefährliche Stellen vermeidet und alternative Routen vorschlägt. Natürlich kann eine solche Routenplanung nur als Vorschlag und erster Anhaltspunkt dienen, und es obliegt den Eltern, die endgültige Schulroute mit ihren Kindern zu besprechen. ORS ist die perfekte Lösung für uns, da es auch spezielle Routen anbietet, z. B. für Radfahrer, die auch kleinere Straßen oder Wege anzeigen.
Wie sieht die Zukunft des Projekts aus?
Wir werden die Funktionen der Plattform weiter ausbauen. Wir könnten uns zum Beispiel auch eine sicherere Routennavigation für Autos vorstellen, als zusätzliche Option neben den bereits vorhandenen schnellsten und kraftstoffoptimierten Routen. Ein weiterer Schwerpunkt wird die Umsetzung des Ansatzes Gefahrenstellen.de in anderen europäischen Ländern sein. Wir sind derzeit mit zwei bis drei weiteren Ländern im Gespräch, die den Ansatz für ihr Straßennetz im Jahr 2023 einführen wollen.
Vielen Dank für das Gespräch. Gibt es noch etwas, das Sie hinzufürgen wollen?
Jedes verlorene Leben im Straßenverkehr ist eine Tragödie, und in der Regel hinterlassen Unfälle lang anhaltende Folgen für alle Beteiligten. Es bleibt unser langfristiges Ziel, mit diesem Projekt einen Beitrag zu leisten zur VISION ZERO.
Wir sind der Meinung, dass es in der heutigen fortschrittlichen Welt nicht akzeptabel ist, so viele Verkehrstote zu haben, und dass es wichtig ist, die vorhandenen Innovationen und Technologien bestmöglich zu nutzen, um Unfälle zu vermeiden.
Wir freuen uns darauf, das Projekt im kommenden Schuljahr in Betrieb zu sehen, unsere eigenen Routen einzubauen und mit den zukünftigen Innovationen von Arno Wolter und seinen Brüdern Schritt zu halten.