Küsten stellen hochdynamische und multifunktionale Grenzräume zwischen Land und Meer dar. Laut den Vereinten Nationen leben mehr als ein Drittel der Weltbevölkerung in einer Entfernung von weniger als 100 km von der nächsten Küste. Sie erfüllen entscheidende Funktionen für Natur und Mensch und erfahren im Zuge des Klimawandels und ihrer zunehmenden anthropogenen „Inwertsetzung“ schnelle und deutlich spürbare Veränderungen und Bedrohungen.
Im Sommersemester 2024 bilden Meere und Küsten einen Schwerpunkt der Heidelberger Geographie.
Prof. Dr. Olaf Bubenzer
Rising sea levels – global impacts & local responses
Dienstag, 21. Mai 2024, 19:15 Uhr, Prof. Athanasios Vafeidis (Universität Kiel)
Steigende Meeresspielgel stellen eine signifikante Bedrohung für Küstenregionen dar, da sie die Auswirkungen von Küsten-typischen Gefahren wie Sturmfluten und Küstenerosion deutlich verschärfen. Obwohl es essenzielle Folgeminderungsstrategien zur Verringerung der Steigungsrate des Meeresspiegels gibt, wird es notwendig sein, auch Apassungsstrategien zu entwickeln. Man erwartet, dass der Meeresspiegel noch über Jahrhunderte weiter ansteigen wird, selbst dann, wenn Emissionen drastisch reduziert worden sind. Gleichzeitig schreitet die sozioökonomische Entwicklung in Küstenregionen deutlich schneller voran als im Inland, was also eine zunehmende Gefahr an den Küstenregionen der Welt bedeutet. Die möglichen Folgen werden erhebliche Ausmaß annehmen, aber aufgrund von Unsicherheiten darüber, wie schnell und zu welcher Gesamtmenge der Meeresspiegel ansteigen wird und wie Gesellschaften in Küstenregionen darauf reagieren werden, ist es schwierig diese Ausmaße einzuschätzen. Wir stellen Studienergebnisse vor, die auf unterschiedlichen Größenordnungen (global bis lokal) erhoben wurden, werden die Ergebnisse und die damit verbundenen Einschränkungen und Unsicherheiten kritisch beurteilen, und werden diskutieren, wie diese Erkenntnisse beim Planen von Anpassungsstrategien und bei der Entscheidungsfindung helfen können. (Die Vorlesung wird auf Englisch gehalten.)
Traumschiffe? Risiken und Resilienzstrategien in der globalisierten Kreuzfahrtindustrie
Dienstag, 04. Juni 2024, 19:15 Uhr, Dr. Thomas Neise (Universität Heidelberg)
Die weltweite Kreuzfahrtindustrie verzeichnet seit Jahren ein überproportionales Wachstum. Von diesem Boom profitieren jedoch nur wenige mächtige Kreuzfahrtgesellschaften aus den USA und Europa, die gleichzeitig ökologische, soziale und ökonomische Risiken auslagern. Im Vortrag werden daher aktuelle und zukünftige Risiken in der Kreuzfahrtindustrie diskutiert. Ein besonderes Augenmerk wird auf die Situation der Beschäftigten im globalen Süden gelegt. Wie Kreuzfahrtunternehmen Risiken auf die Arbeiter:innen aus dem globalen Süden übertragen, hat insbesondere die Covid-19-Pandemie gezeigt. Am Beispiel indonesischer Arbeiter:innen wird daher deren Risikobewältigung mittels der Anwendung verschiedener Resilienzstrategien aufgezeigt, die dazu dienen die Bedrohung ihrer Lebensgrundlagen abzumildern. Der Vortrag verdeutlicht damit, dass aufgrund der räumlich-organisatorischen Charakteristika globalisierter Industrien die Risikoproduktion und die notwendige Risikobewältigung an unterschiedlichen Orten stattfinden.
Vortrag zusammen mit dem Arbeitskreis Meere und Küsten. Küste schreibt man mit 3 A: Anpassung, Abschwächung, Artenvielfalt
Donnerstag, 13. Juni 2024, 18:00 Uhr | Neue Universität Hörsaal 07, Dr. Maike Paul (Leibniz Universität Hannover)
Der Klimawandel wirkt sich massiv auf die Küstenräume aus, da sich die Dynamik des Küstensystems verändert und bestehende Küstenschutzmaßnahmen nicht langfristig wirksam bleiben werden. Darüber hinaus ist auch die Küste vom globalen Biodiversitätsverlust betroffen, der durch Klimawandeleffekte wie einen steigenden Meeresspiegel noch verstärkt wird. Eine Strategie, diesen Herausforderungen im Küstenraum zu begegnen, ist die Stärkung der Ökosysteme wie Seegras- und Salzwiesen. Indem sie Wellen dämpfen, Sediment stabilisieren und mit dem Meeresspiegel mitwachsen können, können sie helfen, den Küstenschutz an zukünftige Bedürfnisse anzupassen. Zudem speichern sie große Mengen Kohlenstoff, was für die Abschwächung des Klimawandels von zentraler Bedeutung ist und ihr Erhalt fördert die Artenvielfalt. Vor diesem Hintergrund versuchen wir zu verstehen, wovon die Stabilität und Leistungsfähigkeit von Salzwiesen an der deutschen Nordseeküste abhängt und was wir tun können, um sie in ihrer Entwicklung zu unterstützen.
Küsten, Karst, Kulturen – Mit der Meteor auf Spurensuche im antiken Griechenland
Dienstag, 16. Juli 2024, 19:15 Uhr, Prof. Dr. Ingmar Unkel (Universität Heidelberg)
Griechenland, Wiege der europäischen Zivilisationen, Heimat der mythischen Könige Minos und Agamemnon, Austragungsort zahlreicher Seeschlachten von Salamis bis Navarino. Seit Jahrtausenden leben die Menschen dort in enger Verbindung zum Meer. Doch wie stark haben natürliche Veränderungen der Küstenlandschaften und Klimaschwankungen die sozio-kulturelle Entwicklung in der Region beeinflusst? Wie stark und ab wann haben die Menschen selbst auf ihrer Umwelt Einfluss genommen und sie verändert? Diesen und ähnlichen Fragen geht Prof. Ingmar Unkel auf der Peloponnes und zusammen mit seinen Kollegen auf dem Forschungsschiff Meteor auf den Grund und versucht in dem Vortrag ein paar Antworten darauf zu geben.
Sofern nicht anders angegeben, finden alle Vorlesungen im Kleinen Hörsaal (H2) des Kirchhoff-Instituts für Physik (KIP) Im Neuenheimer Feld, Gebäude INF 227, statt.
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