HGG (Heidelberger Geographische Gesellschaft) Lecture Series in Winter Semester 2024

Lateinamerika: Energie Macht Zukunft.
Die Meinungen und Meldungen zu Lateinamerika variieren seit Jahren stark zwischen Stagnation, politischen Risiken und Hoffnung, etwa im Hinblick auf Lieferung von Energieträgern, Lebensmitteln und Rohstoffen. „Wen interessiert noch Lateinamerika?“ fragte Paul Ingendaay am 24.4.2024 in der Frankfurter Allgemeinen. Die Antwort der Universität Heidelberg und nun auch der HGG lautet: „Uns!“. So ist die „Lateinamerika-Forschung“ in Heidelberg seit mehr als 20 Jahren fest verankert. Beispiele sind das Heidelberg Center für Ibero-Amerika-Studien (HCIAS) und das Heidelberg Center Lateinamerika (HCLA) in Santiago de Chile, das bereits im Jahr 2002 gegründet wurde und das bislang einziges Postgraduiertenzentrum einer deutschen Universität in Lateinamerika ist. Aber auch am Heidelberg Center for the Environment (HCE) und am Geographischen Institut arbeiten verschiedene (inter-) disziplinäre Gruppen über die Region. Die Vortragenden der HGG im Wintersemester 2024/2025 dokumentieren dies in eindrücklicher Art und Weise. So konnten wir mit Johannes Glückler, der erst vor Kurzen von Heidelberg nach München gewechselt ist, Yaatsil Guevara González und Rosa Lehmann (beide HCIAS und Geographisches Institut) gleich drei Rednerinnen und Redner aus Heidelberg gewinnen, die zu Netzwerken und Ressourcenkonflikten in Chile, Migration, Entwicklung und Infrastruktur in Mexiko sowie zu sozialökologischen Konflikten um erneuerbare Energien referieren. Hinzu kommt ein Vortrag von Felix Dorn (Wien) zum Lithium-Abbau sowie unser studentischer Beitrag über eine Exkursion nach Mexiko. Zu allen Veranstaltungen und natürlich auch zum weihnachtlichen Umtrunk lade ich Sie und Euch im Namen des HGG-Vorstandes ganz herzlich ein. Prof. Dr. Olaf Bubenzer.

Dienstag, 12. November 2024, 19:15 Uhr
Prof. Dr. Johannes Glückler (Ludwig Maximilian Universität München)

Netzwerken, aber wie? Studien zur Governance von Wasser und Fischerei in Chile

Obwohl Netzwerke als wesentliche Form der Koordination anerkannt sind, mangelt es immer noch an praktischem Wissen darüber, wie Netzwerke tatsächlich aufgebaut und gesteuert werden sollen, um kollektive Ziele zu erreichen. In diesem Vortrag erläutert Johannes Glückler das Konzept der lateralen Governance von Netzwerken, um kollektive Koordinationsprobleme zu lösen. Er entwickelt eine operative Methode zur Evaluierung der Netzwerkqualität und diskutiert diese am Beispiel ausgewählter Ressourcenkonflikte in Chile: Die Erschließung von Trinkwasser, die Verteilung von Betriebswasser und die Kleinfischerei. Die Fallstudien zeigen, wie die Analyse sozialer Netzwerke zur Gestaltung und Bewertung effektiver Formen der Netzwerk-Governance beitragen kann.

© J. Glückler

Dienstag, 26. November 2024, 19:15 Uhr
Jun.-Prof. Dr. Yaatsil Guevara González (Universität Heidelberg)

Migration, Entwicklung und Infrastruktur: Das mexikanische Megaprojekt „Tren Maya“

Im lateinamerikanischen Kontext werden Diskussionen über die Auswirkungen von Infrastruktur-Megaprojekten häufig um Themen wie ökologische Auswirkungen, Territorialität, Agrarrechte und Tourismus geführt. Andere Folgen, die sich aus der Umsetzung dieser Megaprojekte ergeben, sind in der öffentlichen/akademischen Debatte jedoch noch unbemerkt geblieben. Im Vortrag werden die Auswirkungen des touristischen Megaprojekts ‚Tren Maya‘, das kürzlich auf der mexikanischen Halbinsel eingeweiht wurde, auf die Migrationsrouten, die von irregulären Migrant:innen im mexikanischen Südosten genutzt werden, erörtert. Die Konzepte von Infrastruktur, Migration und (Im)Mobilität werden in relationaler Hinsicht analysiert und Yaatsil Guevara González argumentiert, dass Infrastruktur- und Entwicklungsprojekte ein viel komplexeres soziales Leben mit sich bringen, als es ihre Materialität widerspiegelt. Diese Argumentation basiert auf ethnografischen Feldforschungen, die zwischen 2014 und 2021 in Tenosique, Tabasco, Mexiko, durchgeführt wurden.

Dienstag, 10. Dezember 2024, 19:15 Uhr
Henrike Drößler, Simon Janus, Finn Maaß (Universität Heidelberg)

Große Exkursion nach Mexiko 2024: Migration, Urbane Entwicklung und Infrastruktur

Währen der Großen Exkursion im Februar 2024 reiste die Exkursionsgruppe unter der Leitung von Prof. Dr. Ulrike Gerhard und Hamid Abud Russell durch das größte spanischsprachige Land der Welt. Vor dem Hintergrund der Themen Migration, Urbane Entwicklung und Infrastruktur, führte die Exkursion zunächst an den Rio Grande in die Zwillingsstädte El Paso und Ciudad Juarez an der Grenze zwischen Mexiko und den USA. Die Region ist stark von der Migration und dem Versuch, diese zu lenken und einzuschränken, geprägt. Danach ging es in die Hauptstadt Mexikos, wo die städtischen Entwicklungstrends in der 21 Millionen Einwohner Metropole vor Ort betrachtet und diskutiert wurden. Die vorletzte Station führte in die „Weiße Stadt“ Merida, wo die Geschichte und die Auswirkung der Plantagenwirtschaft auf der Yucatan-Halbinsel den Fokus bildeten. Die letzten Tage verbrachte die Gruppe in der Tourismushochburg Cancun, wo in den letzten 50 Jahren eine der bedeutendsten Urlaubsdestinationen der Welt entstanden ist.

Der Vortrag wird hybrid durchgeführt; der Online-Zugang wird den Mitgliedern der HGG per Mail zugeschickt. Im Anschluss an den Vortrag lädt die HGG ihre Mitglieder zu einem weihnachtlichen Umtrunk ein.

© S. Janus

Dienstag, 14. Januar 2025, 19:15 Uhr
Dr. Felix Dorn (Universität Wien)

Jenseits von Nord und Süd? Die Lithium-Frontier und sozial-ökologische Konflikte in Argentinien und Portugal

Lithium gilt als Schlüsselrohstoff zur Reduzierung des anthropogenen CO2-Ausstoßes. Der zunehmende globale Bedarf für Lithium und dessen Abbau in peripheren Regionen des Globalen Südens führt vielerorts zu tiefgreifenden sozialräumlichen und gesellschaftspolitischen Veränderungen. In Anlehnung an die Dependenztheorie verweisen Sozialwissenschaftler*innen in diesem Zusammenhang auf die Reproduktion von Nord-Süd-Beziehungen, die sich nun in Form von grünen Opferzonen, grünem Extraktivismus und grünem Kolonialismus fortsetzt. Gleichzeitig lassen sich jedoch auch zahlreiche neue Dynamiken beobachten: Während es in Argentinien in Wechselwirkung mit einer neoliberalen Bergbaugesetzgebung in den vergangenen Jahren zu einem regelrechen Lithium-Boom kam, wurden zuletzt in der EU mehrere Abbauprojekte vorangetrieben. Nationale Regierungen und Bergbauunternehmen verbinden Lithium mit Hoffnungen auf Investitionen, Exporteinnahmen, Industrialisierung und Wirtschaftswachstum. In den Fördergebieten stehen die vorherrschenden Konstruktionen des Territoriums im Gegensatz zu lokalen Lebenswelten und Zukunftsvisionen.

Dienstag, 21. Januar 2025, 19:15 Uhr
Jun.-Prof. Dr. Rosa Lehmann (Universität Heidelberg)

Sozialökologische Konflikte um erneuerbare Energien

Der Ausbau erneuerbarer Energien sind zentral für das Erreichen der Klimaziele, konkrete Infrastrukturen jedoch umstritten. Die Kritik bezieht sich vorranging auf politische Entscheidungsprozesse, die Verteilung von Kosten und Nutzen, sowie die Anerkennung von Wissen und Landnutzungspraktiken. Der Vortrag gibt einen Einblick in die vielfältigen Konfliktlinien rund um Projekte erneuerbarer Energien in Lateinamerika und legt einen besonderen Fokus auf die Rolle von Land in diesen Auseinandersetzungen. Er knüpft dabei theoretisch an die geographische und politökologische Forschung zu Ressourcen- und Landkonflikten sowie an Debatten um Energiegerechtigkeit und Just Transition an.

 

© R. Lehmann

Alle Vorlesungen finden an folgendem Ort statt: Kleiner Hörsaal (HS 2) des Kirchhoff -Instituts für Physik (KIP) Im Neuenheimer Feld, Gebäude INF 227 (gegenüber Mensa).

Eintrittspreise:

Mitglieder frei

3,50 € (Student:innen und Schüler:innen 2,- €)

Schulklassen in Begleitung ihrer Lehrer:innen frei

Weitere Informationen: https://hgg.urz.uni-heidelberg.de
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